Katharina sitzt in unserer Familien- und Frauenecke, etwas abseits vom Trubel im Gastraum. Sie liest ein Buch und ist richtig vertieft darin. Katharina war es auch, die vorschlug, man könne ja so eine Art Büchertausch in der Bahnhofsmission machen. Seitdem finden sich immer wieder einzelne „neue“ Bücher im Regal und wechseln bei uns ihre Besitzer:innen. An Tagen wie diesen geht es Katharina gut. Sie unterhält sich dann mit uns, erzählt kleine Anekdoten.

Das ist nicht immer so. Es gibt auch Tage, da kommt Katharina schon weinend in die Bahnhofsmission. Oft befindet sie sich dann in einem psychischen Ausnahmezustand. Sie ist dann kaum zu verstehen, kann sich kaum bewegen und nicht selten setzt sie sich dann einfach auf den Boden vor unseren Räumen und weint. Für Gespräche ist sie dann oft nicht mehr „erreichbar“. Wir haben in den vielen Jahren, in denen Katharina als Besucherin zu uns kommt, gelernt Katharinas verschiedene Gemütszustände „auszuhalten“, zu verstehen, dass wir nicht viel mehr machen können als für sie da zu sein, ihr Schutz in diesen manchmal kritischen Situationen zu bieten.

Katharina ist seit vielen Jahren obdachlos. Das war nicht immer so. Sie hat Literaturwissenschaften studiert, als kurz vor der erfolgreichen Beendigung ihres Studiums in ihrem Leben „etwas sehr Schlimmes“ passiert ist. Dieses traumatische Erlebnis hat sie bis heute „komplett aus der Bahn“ geworfen.

Alle Vermittlungsversuche in Notunterkünfte oder Wohnprojekte verliefen in all den Jahren im Sande. Den letzten Schritt schafft Katharina bis heute nicht. Und keiner kann sie zwingen. „Der freie Wille ist mächtig“, sagt sie manchmal in „guten“ Momenten.

„Ich weiß, dass ich euch manchmal enttäusche, weil ich mir nicht von euch helfen lassen möchte. Aber das stimmt gar nicht. Ihr helft mir. Hier, bei euch kann ich sein wie ich bin. Keiner bewertet, was ich tue. Ihr hört mir zu und nehmt euch Zeit für mich. Und der leckere Tee, die frischen Brote, die Schlafsäcke, die ich in all den Jahren von euch bekommen habe. Das alles ist mir so viel wert.“

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Als Bahnhofsmission versuchen wir dort zu helfen, wo Hilfe gebraucht wird. Unsere Arbeit lebt zum größten Teil von Ehrenamt und Spenden. Wir freuen uns über jede Unterstützung. HIER können Sie ganz einfach & direkt SPENDEN.

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