Bahnhofshalle. Fahrkartenautomat. Cafégeruch. Lautsprecherdurchsagen. Leuchtreklame. Wartende und eilige Reisende mit ihren Koffern. Ladengeschäfte.

Mitten in diesem modernen Knotenpunkt der mobilen Welt: Grobe Holzfiguren. Eine Krippendarstellung. Das Kind in der Krippe. Maria. Josef. Schaf und Esel. Und noch einige merkwürdige andere Gestalten.

Irgendwie fremd. Fehl am Platz? Gehört „sowas“ in den Bahnhof? Der Kontrast provoziert! Mir gefällt er – und ich finde es irgendwie richtig, dass die Krippe hier steht und mitten im vorweihnachtlichen Gewimmel einen Ort der Ruhe darstellt, der Menschen daran erinnert, warum wir überhaupt Weihnachten feiern. Und jener Anfang, den Gott selbst gesetzt hat, der war doch in einem Stall. An einem gänzlich unkirchlichen und ganz sicher nicht heilig-idyllischen Ort. Zeichen dafür, dass Gott ins echte Leben mit all seinen Tiefen hineinkommt, um dort an der Seite der Menschen zu sein. Die Krippe steht also richtig. Mitten im Leben.

Bei genauerem Hinsehen ist sie aber auch für Kirchgänger und Bibelkenner befremdlich. Der Holzbildhauer hat Leute an die Krippe gestellt, die dort eigentlich nicht hingehören. Nicht aus Versehen, sondern mit Bedacht. Priester aus verschiedenen christlichen Kirchen stehen da. So wird an dieser Krippe sichtbar, dass Christen unterschiedlichster Prägung hier, an der Krippe, im Glauben und in der Verehrung Jesu zueinander finden und gut nebeneinanderstehen können, auch wenn sie manche Ansichten trennen.

Dann sind da noch – etwas größer dargestellt – 3 Figuren, vielleicht sollen sie die sonst üblichen „heiligen drei Könige“ ersetzen. Der Künstler hat ihre Namen genannt: Stanislaw Kostka, Pier Frassati, Therese von Lisieux. Die drei haben sich nie kennengelernt. Und doch verbindet sie einiges: Sie sind alle drei tragisch früh gestorben. Alle drei haben zuvor leidenschaftlich geglaubt und alle drei sind aus freien Stücken in einen Orden eingetreten, um ihr Leben ganz Gott und seiner Sache zu widmen. Und alle drei hielten die gelebte Mitmenschlichkeit, die Nächstenliebe für einen wesentlichen Ausdruck ihres Glaubens.

Ihre bei Wikipedia zu lesenden Biografien und ihre Figuren an der Krippe erinnern mich unweigerlich an ein altes Weihnachtslied:

„Ich steh‘ an deiner Krippe hier, o Jesu, du mein Leben;
ich komme, bring‘ und schenke dir, was du mir hast gegeben.
Nimm hin, es ist mein Geist und Sinn, Herz, Seel‘ und Mut, nimm alles hin
und laß dir’s wohl gefallen.“

Alte Worte, aber Worte voller Leidenschaft und Entschlossenheit.
Viele Menschen, Generationen von Christen, wohl auch diese 3 jungen Menschen an der Krippe, haben solche Worte nicht nur im Rahmen des Weihnachtsgottesdienstes gesungen, sondern sie ganz persönlich und sehr ernst gemeint gesprochen, waren so fasziniert von Gott, von Jesus, dass sie ihr Leben Gott zur Verfügung gestellt haben. Wenn es gut geht, stehen solche Menschen dann nicht nur fromm und betend an der Krippe, sondern auch an der Seite der Menschen, die Hilfe nötig haben, benachteiligt und ausgegrenzt sind. So verstehen wir auch unseren Auftrag in der Bahnhofsmission.