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„Wir helfen Menschen in NOT.“ So fassen wir unseren Einsatz als Bahnhofsmission oft kurz zusammen. Was meinen wir damit? Begegnungen aus unserem Alltag am Bahnhof machen das am besten deutlich. Gerne schenken wir hier einen kleinen Einblick…

Agnes* kommt fast jeden Tag in die Bahnhofsmission. Sie lebt in einer kleinen städtischen Wohnung, wobei man das vielleicht weniger „leben“ nennen kann. Sie schläft dort. Manchmal. Vielmehr geht nicht, denn sie ist Messie. Ihre kleine Zweizimmerwohnung ist vollgestellt mit allem, was Agnes so findet, wenn sie tagsüber mit ihrem Fahrrad in der Stadt unterwegs ist. Sie hat uns einmal anvertraut, dass sie ihr Bad und Bett noch grade so erreicht. Alles andere ist zugestellt. Sie kennt quasi alle in der Stadt, die „draußen“ unterwegs sind. Auch die neuesten Gerüchte kennt und verbreitet sie gern. Das macht sie angreifbar. Nicht wenige Leute sind deshalb immer wieder sauer auf sie. Konflikte sind vorprogrammiert, wenn sie mit ihrem vollbeladenen Fahrrad bei uns am Bahnhof für ein Marmeladenbrot und einen roten Tee Station macht.

Oft müssen unsere Mitarbeitenden dann diese Konflikte vor Ort regeln. So auch heute, als Herbert gemütlich an einem Tisch sitzt und sein Schmalzbrot genießt. Herbert kann manchmal etwas aufbrausend sein, heute ist er ruhig und entspannt. Als nun aber Agnes die Bahnhofsmission betritt und Herbert sie sieht, fängt er laut an zu schimpfen. Er steht auf, fuchtelt wild mit den Armen und droht vehement. Agnes steht zum Glück weit genug weg. Es scheint um etwas zu gehen, was die eine über den anderen herumerzählt hat. Wir beruhigen Herbert und nehmen uns Agnes an. Agnes bitten wir, ihr Brot heute mal ausnahmsweise draußen zu essen, bis sich die Wogen geglättet haben. Ja, Konflikte erleben wir in der Bahnhofsmission täglich. Oft können wir schlichten und Schlimmeres verhindern. Wenn es gut läuft, manchmal auch Frieden stiften und versöhnen. Dafür lohnt sich jeder Einsatz.

Theo* ist obdachlos und vom Leben gezeichnet. Er kämpft immer wieder mit psychotischen Schüben. Draußen ist es frisch. Theo macht dennoch „Platte“ und nächtigt unter freiem Himmel. Er weiß: „In der Bahnhofsmission bekomme ich einen Schlafsack, wenn meiner verschlissen ist oder gegen die winterliche Kälte nicht reicht.“ Also nutzt er diese Chance. Allerdings: Schon nach zwei Tagen kommt er wieder und will einen neuen Schlafsack. Er ist sich ganz sicher: „In meinem Schlafsack ist jemand verstorben. Ich kann ihn nicht mehr nutzen.“ Wie reagieren wir in so einem Moment? Unsere Mitarbeiterin entscheidet kurzer Hand: „Eine lange Diskussion hilft hier nicht weiter.“ Sie erfüllt den dringenden Wunsch und gibt Theo einen gebrauchten Schlafsack aus unserem Fundus. Den nutzt Theo noch heute.

Rainer* kommt traurig und betrübt in die Bahnhofsmission. Ein Gast, den wir gut kennen, ist verstorben. Rainer seufzt: „Wir waren Freunde – schon ewig!“ Er wärmt sich die Hände an seiner dampfenden Tasse Kaffee und meint nach einem stillen Moment: „Ich vermisse das Mittagsgebet. Heute erst recht.“ Das Mittagsgebet war vor der Corona-Pandemie für viele ein wichtiger Anker im Alltag. Dieses Gruppenangebot musste zeitweise pausieren. Mit einzelnen Gästen sind wir trotzdem seelsorgerlich im Gespräch. So auch mit Rainer. Am Ende beten wir mit ihm und für ihn. Er ist dankbar und sichtlich getröstet. Auch wenn ihm der Tod des Freundes noch nahegeht, bedankt er sich: „Sie haben schön gebetet. Die Worte, die sie gefunden haben, waren genau richtig. DANKE!“

Als Bahnhofsmission möchten wir für Menschen in Not da sein. Hinter jedem Gesicht steckt eine Geschichte. Oft auch ein wirkliches Schicksal. Unser Einsatz lebt zum größten Teil von Ehrenamt und Spenden. Deshalb laden wir Sie ein: Helfen Sie uns mit einer Spende zu Weihnachten! Gemeinsam schenken wir Menschen in Not Hoffnung, ein offenes Ohr und eine helfende Hand.

* Namen geändert